20.10.2015 - Offshoring Teil 3: Die Reise, lästern, Wahrheiten und noch mehr
Fritz und ich waren die Vorhut. Ab in den Flieger, ab nach Indien, Projektteam schulen, Projekt aufsetzen etc. Nachdem wir dann doch nach fast 20 Stunden Reise völlig übermüdet am Hotel ankamen (denn die Autoreise dauert viel länger und der Fahrer war auch logischerweise erst mal am falschen Flughafen), gingen wir dann mal die Hotelumgebung ansehen, es war ja schließlich 13:00 Uhr Ortszeit, 45 Grad im Schatten und einfach zu früh um schlafen zu gehen. Wir dachten beide, bevor wir jetzt hundemüde ins Bett fallen und heute Abend um 23:00 Uhr dann wach sind, gehen wir nochmals kurz ums Hotel rum. Schauen, wie die Gegend so ist….
Ok, die nähere Hotelbesichtigung endete in einem Pub, nachdem wir 8 Stunden Bier getrunken hatten, fuhr uns der Kneipier mit der Rikscha zum Hotel zurück. Laufen konnte keiner mehr von uns, dafür haben wir umso besser geschlafen. Eine Woche später kam er dann. Christoph.
Christoph war offshore Projektmanager ( Anfang 60 ); nicht in der Lage seine Schuhe ohne Mama zu finden/zu binden und komplett verloren im Land Indien. In Neu-Delhi vergaß er gleich, seinen Koffer am Flughafen mitzunehmen (er dachte wohl, den bringt einer in die 6-7 Autostunden entfernte Stadt oder der Rollenkoffer kann fliegen?).
Nachdem Christoph dann 3 Tage später das Hotelmanagement verantwortlich machte, endlich seinen Koffer zu besorgen, fand man eine Lösung. 3 Tage später (also nach 6 Tagen) kam dann endlich der Koffer. Nebenbei bemerkt habe ich bereits am Tag 2 im Taxi zum Büro gesagt: „hier stinkt’s“. Denn Christoph war der Meinung „Wenn ich schon keine Wechselunterwäsche habe, muss ich auch nicht duschen“ (bei 40-45 Grad im Schatten). Am 4ten Tag bin ich auf den Basar und habe Unterhosen und T-shirts für ihn gekauft. Der stank unerträglich. Dafür konnte er nachweislich hervorragend Schach spielen und hatte bereits laut Internet einen bekannten Großmeister geschlagen. D.h. Christoph spielte mit unseren Entwicklern Simultanschach, an 20 Brettern. Er meinte, wenn die nicht gescheit entwickeln können, dann können die zumindest mit mir spielen.
Erwähnenswert wäre an dieser Stelle auch der andere Kollege, der 4 Stunden auf der Toilette saß und „Hilfe“ (auf Deutsch) rief, denn es war auf der indischen Toilette kein Papier vorhanden (dafür aber war eine Brausespülung vorhanden) .
Da gibt’s noch sehr viel zu sagen und Geschichten über Geschichten, bestimmt schreibe ich noch öfters über dieses Projekt. Fachlich und technisch zwar kein interessantes und anspruchsvolles Projekt; dafür aber chaotisch und stressig aufgrund von Rahmenbedingungen, die wir vorort nicht mehr ändern konnten. Dieses Projekt blieb mir äußerst positiv in Erinnerung. Die Vielzahl an „speziellen“ Kollegen, die ich in diesem Projekt kennenlernen durfte, hat sich bisher nicht wiederholt. Aber bis zur Rente sind es ja auch noch ein paar Jahre.
Ein Kommentar
Der Chef meint
Jun 28, 2025 at 8:13 pmVon dem Projekt ist mir nur in Erinnerung, dass sobald die „Jungs“ wieder zurück waren nur Currywurst Pommes – am besten spendiert von Scheffe auf dem Speoseplan stand….