29.9.2015 - Offshoring Teil 1: Rahmen, Hoffnung und erste Zweifel
Neues Projekt. International agierende Großbank; Ablösung eines Altsystems mit hohem Kostendruck. Das ist gleichbedeutend mit Offshoring. Offshoring im tradionellen Sinne ? Nein, Offshoring in dem Sinne, dass ich nach Indien fliege und ein Team von 30 – vorher – handverlesenen Entwicklern leite. Zusammen mit 2 anderen Kollegen nach Indien. Cool!
Nur noch schnell ein Lösungskonzept erstellen, Nearshore/Offshore Ansatz beschreiben , Kommunikationsmodell manifestieren, Übergabepunkte und Qualitätsmesspunkte etablieren, etc. – es gäbe hier noch viele Buzzwords …….und dann aber endlich up and away. Projektansatz: Entwicklung in Indien / Qualitätssicherung in Deutschland. Aber was interessiert mich Deutschland, wenn ich während der heimischen Fußball-WM in Indien bin. – Mehr als ich zu diesem Punkte zugeben wollte –
Naja, der Start war alles andere als schön. Richtig Dampf auf dem Kessel, Konzepte waren dem Kunden nicht gut genug (ich hatte ja schließlich für den Early Draft „Times New Roman“ als Schriftart verwendet und nicht „Arial“ 11; inhaltlich kam nicht mehr Feedback außer „schlechtestes Konzept dieser Galaxis“). Irgendwie haben wir es dann doch geschafft den Kunden zu überzeugen, dass das alles so passt. Unabhängig von der Schrittgröße und Schriftart.
So, dann ging es also endlich nach Indien. Nach Bangalore, Madras, Delhi oder gar Chennai ? Nein !! Dort sind die Preise bereits zu teuer. Nein, wir waren südlich der Kaschmir Region, südlich des Himalayas… erste Ernüchterung macht sich breit. Aber vielleicht gibt’s dort ja noch Elefanten?
OK, nach 10 Stunden Flug, 6 Stunden Autofahrt hatten wir zwar noch keine Elefanten gesehen, aber waren dann endlich dort.
Erste Überraschung: aus den 30 Entwicklern, die wir „eingekauft“ hatten (handverlesene Auswahl nach Profilen) wurden 46. Ok, wir mussten die 16 zusätzlichen Entwickler nicht zahlen, sie waren sogenannte „Shadow“ Ressourcen, die sozusagen kostenfrei da waren, aber auf unsere Kosten ausgebildet werden sollten. Davon war im Vorhinein keine Rede, aber als wir dort waren, war es auch schon zu spät und war dann mal eben so.
Die zweite Überraschung folgt bekannterweise nach der ersten. Es waren die Mitarbeiter selbst….die Namen, Kontaktdaten und Fähigkeiten der Mitarbeiter. Bezogen auf deutsche Namen war der Sachverhalt in etwa so:
Anhand der Profile haben wir Steffen Schmidt ausgesucht. Steffen Schmidt hat ein Namensschild mit Norbert Müller auf seinem Tisch stehen, möchte mit Christian angesprochen werden (weil er dachte er wäre Christian Maier) und hat die Emailadresse Wolfgang.Fischer@weissdergeier.in .
Alles klar? Ok, für die Leser, die jetzt etwas verwirrt sind. Vorort ging es uns genauso, es war kein Bissel besser. Die Profile waren zum Großteil alle Fakes, aber so schlecht gemacht, dass selbst der Vorort Manager der Company nicht – mehr – wusste, wie die Leute wirklich hießen. Eigentlich auch net schlimm, dafür hatten wir ja 16 mehr oder ??? 🙂
Also blieb uns nur eins übrig, symbolische Namen für die Kollegen zu erfinden. Der mit dem Gips Arm war dann eben der „vom Elefant getretene“. Die Dame, die die indischen Saris trug, war die „Wehende“ und so weiter. D.h. nach 2 Wochen hatten wir dann alle Be-namst (glaube das ist schweizerdeutsch).